Tiefziehteile in der Praxis

Formnester Ihres Werkstückträgers bestimmen - Anforderungen, Herausforderungen und Konzeption der Tray Kavitäten

Formnester oder auch Kavitäten können vielfältig sein: rechteckig, rund, formangepasst, Bahnen, Rippen oder Dome. Wie entscheidet sich also, welches Formnest das richtige ist? Mehr dazu im Beitrag.


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Lisa-Marie Bittner

25. Juli 2021

6 Minuten
Formnester und Kavitäten von Kunststoff Tiefziehteilen_Banner
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    Die Form der Kavität, welche das Bauteil aufnimmt, ist in vielen Fällen der Knackpunkt in der Funktionalität. Ob für Inlays, Blister, Transport Trays oder Werkstückträger – wie gut die Kavität an das Produkt angepasst ist, entscheidet über Effizienz und Sicherheit bei Handling, Transport und Lagerung. 

    Was sind Formnester? Was ist eine Kavität? 

    Formnester sind Kavitäten, welche das Bauteil aufnehmen. Kavität leitet sich vom lateinischen “cavum” ab und bedeutet hohl. Vereinfacht sind Formnester Aussparungen im Werkstückträger, die für einen sicheren Transport des Bauteils und ein vereinfachtes Be- und entladen des Trays sorgen. 

    Die Form der Kavität, welche das Bauteil aufnimmt, ist in vielen Fällen der Knackpunkt in der Funktionalität. Ob für Inlays, Blister, Transport Trays oder Werkstückträger – wie gut die Kavität an das Produkt angepasst ist entscheidet über Effizienz und Sicherheit bei Handling, Transport und Lagerung

    Verschiedene Nesterkonturen von Werkstückträgern
    Formnester: Verschiedene Nesterkonturen

    Typische Anforderungen an Formnester und Kavitäten 

    In der Intralogistik und Extralogistik geht es grundsätzlich um Kosteneinsparungen.  

    Zum einen wird dies erreicht, indem Volumen gespart und Platz effizienter genutzt wird. Für den Transport von Bauteilen auf Trays ist daher eine möglichst hohe Packdichte wichtig. Das bedeutet, durch die Platzierung einer maximal möglichen Anzahl von Bauteilen pro Tray ein sparsames Transportvolumen zu erreichen. Die Formnester und Kavitäten müssen also so ausgelegt sein, dass eine maximal mögliche Packdichte erreicht wird.

    Gleichzeitig können Kosten gespart werden, wenn möglichst viele verschiedene Bauteile in einem universellen Tray transportiert werden können. Das bedeutet weniger Tray Varianten und geringere Investitionen und geringerer Handlings-Aufwand. In diesem Fall werden die Formnester als Universalnester ausgelegt.

    Was beeinflusst die maximale Packdichte der Formnester und Kavitäten? 

    Die maximale Packdichte ergibt sich meist als Resultat von Ihren Anwendungsvorgaben, tiefziehtechnischen Einschränkungen und, wenn die Trays auf automatisierten Fertigungsstraßen verwendet werden, den Möglichkeiten der Anlage/des Roboters. Anhand dieser Vorgaben wird versucht, die verfügbare Fläche möglichst effizient mit Formnestern zu füllen.

    1.) Anwender geben für die Kavitäten oftmals einen Mindestabstand vor: 

    • Distanz von Formnest zu Formnest
    • Distanz von Formnest zur Außenkante des Trays

    Diese Vorgaben haben ergonomische Hintergründe für nicht-automatisierte Vorgänge. Das manuelle Beladen und Handling der Trays soll einfach möglich sein. Die Bauteile sollen beispielsweise unkompliziert aus der Kavität entnommen werden können oder die Trays sollen schnell in einen Unterbehälter gesetzt werden können. 

    2.) Was benötigen die Formnester? 

    • Die Formnester benötigen eine Formschräge von min. 2-5°
    • Daraus resultierende Anordnung

    Die Formschräge beim Kunststoff wird benötigt, um sich beim Thermoforming entformen zu lassen und damit das Tray vom Tiefziehwerkzeug gehoben werden kann.  

    Dies hat entsprechende Auswirkung auf die Anordnung der Kavitäten auf dem Tray, sowie die Abstände zwischen den Formnestern. Hierfür gibt es in CAD-Programmen eine Entformschrägenanalyse, um bei knapp gefächerten Trays direkt die maximal mögliche Packdichte ausrichten zu können.

    3.) Welche Anforderungen hat die automatisierte Anlage an die Kavitäten?

    1. Randgeometrie der Nesteröffnung
    2. Greifer-Type und Greifer-Technik
    3. Nestertiefe

    Bei Automatisierungs-Projekten kommen noch weitere Anforderungen an die Nester Produktion dazu. Die maximale Packdichte ist hier immer das Ergebnis der Gleichung aus den oben stehenden Angaben.

    Wie werden universell nutzbare Formnester konzipiert? 

    Wenn in die Neuentwicklung eines Transport Trays investiert wird, ist oft die Konzeption eines Universaltrays gefordert. In einem Universaltray können verschiedene Bauteilvarianten oder Bauteilfamilien transportiert werden.  So werden bei der Kavität Produktion Werkzeugkosten gespart, die für jede Trayvariante anfallen würden.  

    Das bedeutet, die Formnester müssen an verschiedene Bauteile angepasst werden.

    Was muss man bei der Entwicklung von universellen Formnestern beachten?

    • Die Position: Ist eine liegende Position der Bauteile aufgrund verschiedener Abmessungen nicht möglich, kann viel Platz vergeudet werden
    • Ungleiche Außengrößen und/oder Konturen: Die Konturen müssen ungefähr stimmen, sonst wird es schwierig
    • Empfindliche Stellen: Wenn Stellen an verschiedenen Punkten der Bauteile freigespart werden müssen, dann ist es oft schwierig einen Mittelweg zu finden
    • Einbringen der Bauteile über verschiedene Ebenen: Treppen und enge Konturen sind bei manchen Werkstoffen, wie PC, schwierig auszuformen

    So werden die Formnester 100% ans Bauteil angepasst 

    Eine Kavität wird immer am Originalbauteil ausgerichtet. Das geschieht anhand der CAD-Daten der Bauteile, eines Bauteilmusters, oder eines Bestandstrays.

    Wie werden Nesterdaten erstellt? 

    1. CAD-Daten: Die Datenerstellung über die CAD-Daten des Bauteils ist für Kunde und formary am besten: Zum einen können wir CAD-Daten von allen Seiten rundum optimal ausmessen. Es sind keine zeitaufwendigen Schleifen in der Datenanpassung nötig. Zum zweiten können wir so schon vorab virtuell Feinheiten, wie den Abstand zwischen Bauteil und Nester-Innenwand, justieren. Vor Datenerstellung unterschreiben wir Ihnen selbstverständlich eine Geheimhaltungsvereinbarung/Non-Disclosure-Agreement.
    2. Bauteilmuster: Die zweite Möglichkeit ist, die Daten der Formnester anhand eines Bauteilmusters zu erstellen. Hierzu können wir, abhängig vom Aufbau des Bauteils, entweder manuell ausmessen, oder sophistizierter mit einem optischen Messergerät herangehen.
    3. Bestandstray: Als dritte Option können wir auch anhand eines alten Tray-Musters die Daten reverse-engineeren, d.h. auch hier messen wir mit einem Faro Arm das Teil aus. Ein bestehender Nachteil ist, dass auch Unfeinheiten an der Trayoberfläche übernommen werden, welche dann im Datenmodell vorliegen. Wichtig ist immer, dass alle weitere Anforderungen, wie Stichmaß der Zentrierungen (bei Automatisierungstrays), Rastermaße und gewünschte Maße am Nesterboden, kommuniziert werden. Je mehr Details hier im Vorfeld abgestimmt werden, desto fehlerfreier wird die Datenkonstruktion.

    Kann ich die Passform der Kavität vor der Werkzeugerstellung testen?

    Die Antwort ist ja. Nachdem die Nestergestaltung am CAD-Programm erstellt wurde, lässt sich die Funktionalität über verschiedene Varianten testen (siehe hierzu auch Prototypen oder unseren Blogbeitrag Rapid Prototyping)

    Optionen zum Testen von Formnest Mustern

    Austesten von Formnest-Mustern mit 3D-Druck und Ureol
    Musteroptionen bei Formnestern

    Zum Testen der Muster kann ein 3D-Druck der Kavität oder ein Tiefzug aus einem Ureol-Werkzeug der Kavitäten verwendet werden. 

    Der 3D-Druck ist die schnellste Variante, aber wenig aussagekräftig bzgl. des Tiefziehergebnisses. Der Tiefzug aus einem Ureol-Werkzeug ist etwas langsamer, dafür aber deutlich aussagekräftiger, da direkt entsprechende Learnings bzgl. des Streckverhaltens für die Serie übernommen werden können.

    Die passende Option ist dabei abhängig vom Anforderungsprofil, das sich aus der Beachtung der folgenden 3 Faktoren zusammensetzt: 

    Schnelligkeit

    Wie schnell werden die Muster, und deren Vorstellung oder Überprüfung, benötigt?

    Aussagekraft: 

    Wie vergleichbar muss das Musters mit der Serienfertigung sein? Muss Originalmaterial und Ausgangsstärke verwendet werden? Muss tiefgezogen werden (Verfahren getestet), oder kann ein alternatives Verfahren (3D-Druck) hinzugezogen werden?

    Aufwand: 

    Steht ein größeres Budget für Muster-Tests vor Anlauf zur Verfügung? Soll nur eine Passform getestet werden oder das Tray möglichst realitätsnah im Serieneinsatz repliziert werden?

    Was passiert, wenn die Bauteile nicht in die Formnester passen?

    Sollten die Bauteile nicht in die Kavitäten passen, können immer noch sehr schnell Nacharbeiten an den Formnestern vorgenommen werden. Wir bieten diverse Musterabstufungen an, welche sich in Schnelligkeit, Aussagekräftigkeit und Aufwand unterscheiden.  

    Die Optionen 3D-Druck Muster sowie ein Tiefzug mit einem Ureol-Musterwerkzeug des Nests nutzen die naturgemäß schnellen Entwicklungszeiten und sind die schnellste und günstigste Variante für fixe Erkenntnisgewinne. Hier kann nach dem Test der Muster mit Ihren Bauteilen schnell reagiert werden: Nach Prüfung werden die relevanten Stellen der Kavität angepasst, welche nicht funktioniert haben.

    Aber auch wenn erst bei den Mustern aus dem Serienwerkzeug, und dem ersten richtigen Handling-Einsatz, auffällt, dass noch Anpassungen getroffen werden müssen, ist das kein Problem. Hier gelten die folgenden Faustregeln:

    Möglichkeiten für die Anpassung der Formnester und Kavitäten

    WerkzeugausführungAnpassung der Formnester in diese Richtung möglich Anpassung der Formnester in diese Richtung nicht möglich 
    Negatives WZ

    Vertiefen der Formnester 

    • Formnester umlaufend größer gestalten für mehr Luft zwischen Nest und Bauteil
    • Formnester tiefer setzen, um die Bauteile tiefer im Nest zu versenken
    Erhöhen der Formnester 
    Positives WZ

    Erhöhen der Nester

    • Formnester umlaufend enger setzen, um Luft zwischen Bauteil und Formnesterwänden zu nehmen
    • Formnesterboden höher setzen, um die Teile weiter an die Formnesterkante zu setzen, oder gar überstehen zu lassen (bspw. für bessere Greifer-Positionierung)
    Vertiefen der Formnester

    Formnester und Kavitäten bestimmen - Ein Fazit

    Die Auswahl der geeigneten Formnester für Werkstückträger ist entscheidend für effizienten Transport und Lagerung. Die Formnester sorgen dafür dass das Bauteil sicher im Werkstückträger liegt und gut geschützt alle Produktions- und Logistikprozesse durchläuft. Bei der Gestaltung der Formnester kann man Kavitäten für Greiferaussparungen sowie Faktoren wie Mindestabstände, Formschrägen und Anforderungen an automatisierte Anlagen beeinflussen einplanen. Umfassend sind passende Formnester ein essenzieller Bestandteil der Produktsicherheit und Prozessoptimierung.

    Noch Fragen? Schreiben Sie uns jetzt im LiveChat oder rufen Sie an: 07191 9525170. 

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